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Montag, 2. Mai 2016

Unvergänglich

Beziehungen, zu denen ein Lied gehört

"Ti amo": Sie sitzt schräg vor mir, hat einen Taschenspiegel in der Hand, beobachtet mich. Nach der Schulstunde drückt sie mir einen kleinen Zettel in die Hand. Auf dem steht "ti amo". Dieses Lied spielen sie bei unserem ersten Rendezvous auch in einer Szenekneipe. "Ist das Zufall?", fragt sie.

Gehört ein Lied zu einer Beziehung, dann vergisst man weder Lied noch Beziehung.

"I swear": Die Kinder auf der Rückbank singen dieses Lied aus dem Autoradio mit. Wir sind auf dem Weg nach Essen zu einer Demo gegen Ausländerfeindlichkeit. Anschließend fahren wir nach Köln, ich trage den Jungen auf meinem Rücken die Treppe zur Domplatte hoch. Die Mutter sagt: "Du tust dem Jungen gut."

"So long, Marianne": Sie liegt nackt neben mir auf dem Bett, hat eine Platte von Leonhard Cohen aufgelegt. Wir necken uns mit Wortspielen über Sex.

"A whiter shade of pal": Wenn sie auf mich zu hottet, spüre ich ihre Brustwarzen unter ihrer Bluse, die mich berühren. Sie schaut mich schelmisch an. "Ist was?" "Nö", sage ich.

Hat eine Beziehung kein Lied, vergisst man sie schnell wieder.

"Manchmal, aber nur manchmal haben Frauen ein kleines bisschen Haue gern", singen Sohnemann und ich, als die Mutter mit ihrem Kind schimpft.

"Wenn dir jemand schwört, dass er dich liebt, es keinen anderen Menschen für dich gibt, wirst du es dann glauben oder nicht, wirst du dich entscheiden für das Licht? Steh auf..."Das erste Mal sehe ich sie in Bochum. Bei einem Seminar. Sie geht plötzlich. Das zweite Mal sehe ich sie bei einem Seminar in Hannover. Wir gehen zu mir. Sofort. Sie spricht von Selbstmord. Ich ziehe sie zu einem Spiegel, sie soll sich betrachten, um zu sehen, wie schön sie ist. Danach sitzen wir in der Badewanne. Sie wäscht ihre blonden Haare. Macht einen glücklichen Eindruck, ruht in sich.

"Amsterdam": Sie ist bei einer Redaktionskonferenz in meine kleine Welt gekommen, ruft mich am nächsten Tag an, will mich wiedersehen. Wir können nicht voneinander lassen. 

"Hello": Endlich hat sie den Fernseher ausgemacht, das Smartphone beiseite gelegt. "So besser?", fragt sie. Ich könnte sie stundenlang betrachten, werde nicht schlau aus ihr. Doch das muss ich auch nicht.  






  

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