Mittwoch, 8. Juli 2015

Gefriertruhe vor Hotelfick

Dürftige Story in dünnem "Spiegel"

Ich sitze bei meinem Anwalt im Wartezimmer, ziehe eine "Spiegel"-Ausgabe aus einem Zeitschriftenstapel, die Ausgabe 21 vom 16. Mai 2015, auf der Titelseite das Foto einer Frau, die ein wenig blöde aus ihrem Träger-Hemdchen schaut, eine kecke Brustwarze schimmert durch den Stoff, daneben steht "Mein Sex! Selbstbewusst, mutig, tabulos: Forscher vermessen die Lust der Frauen".

Der Bericht über diese Vermessungsarbeiten beginnt auf Seite 102 der ziemlich dünnen "Spiegel"-Ausgabe. Der erste Satz lautet: "Anna saß nackt auf ihrem Freund, als die Tür aufging." In diesem Augenblick muss Anna ein Licht aufgegangen sein. Also sitzt sie schon bald auf Tom. Deshalb ist Anna aber noch lange keine Nymphomanin, versichert der "Spiegel". Dann geht wieder die Tür auf. Dieses Mal steht keine Mutter vor Anna, sondern Tom - nackt, mit einer Schleife.

Derweil fährt Paulina nach Istanbul und hat in einem Lokal Sex auf einer Gefriertruhe. Da ist Paulina schon Anfang 30. Der Gefriertruhe verdankt sie ihr "intensivstes Sexerlebnis", erzählt sie dem "Spiegel" und fickt den Mann anschließend in einem Hotel. Wir lernen also: In türkischen Lokalen gibt es Gefriertruhen, in türkischen Hotels nicht. Vielleicht lernen wir aber auch: Paulina hat den "Struwwelpeter" gelesen und weiß deshalb, wenn sie zu oft mit dem Feuer spielt, steht irgendwann die Gefriertruhe in Flammen.

Die Möse einer Frau ist dagegen nicht entflammbar. Den vaginalen Orgasmus gibt es nicht, endet der Bericht über die Vermessungsarbeiten auf Seite 110. Auch den G-Punkt gibt es nicht. Nicht einmal auf der Zugtoilette, wo Maja mit ihrem Freund im viertletzten Absatz so allerlei ausprobiert. Im letzten Absatz macht Maja ihrem Freund einen Heiratsantrag. In einer Kölner Disco. Auf ihm gesessen hat sie dabei nicht, sie kniet. Auf einer Zugtoilette wäre dafür nicht genug Platz gewesen... 

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